Südspitze der Hafenwestseite
Am 5. April 2023 fand die zweite Preisgerichtssitzung zum städtebaulich-hochbaulichen Ideen- und Realisierungswettbewerb „Mehrzweckgebäude Hafenwestseite - Südspitze“, der Stadt Neustadt in Holstein statt. Durchgeführt wurde der Wettbewerb durch das Büro A+S Hamburg im Auftrag der HMD Neustadt Hafen GmbH und begleitet durch das Stadtbauamt der Stadt Neustadt in Holstein. Im Folgenden sind die vier Wettbewerbsbeiträge und ihre Beurteilung durch das Preisgericht beschrieben.
Die Ausloberin wollte durch das Wettbewerbsverfahren qualitätsvolle Entwürfen für ein Mehrzweckgebäude auf dem eigenen Grundstück an der Südspitze der Hafenwestseite erhalten. Für das vorgesehene Mehrzweckgebäude lag kein konkretes Raumprogramm vor. Erste Funktionen und Nutzungsideen wurden entwickelt. Das Verfahren wurde zweistufig durchgeführt, mit einem Ideenteil in der 1. Stufe und einem Realisierungsteil in der 2. Stufe. Die Ausloberin wünschte sich für den Wettbewerb alternative und grundsätzlich unterschiedliche Entwurfsansätze an diesem Ort.
An dem Wettbewerb nahmen die vier geladenen Büros teil: kbnk ARCHITEKTEN GmbH aus Hamburg, Konermann Siegmund Architekten BDA Stadtplaner aus Hamburg, Lundgaard & Tranberg Arkitekter aus Kopenhagen und URBAN AGENCY ApS aus Kopenhagen.
1. Platz: URBAN AGENCY ApS aus Kopenhagen
Drei polygonale Baukörper bilden einen urbanen und geschützten Platz an der Hafenkante, schaffen faszinierende neue Sichtachsen und beantworten den in der Auslobung geforderten Anziehungspunkt mit einem als „Hafenkrone“ bezeichneten Ensemble überzeugend.
Im nördlichen Baukörper, der über ein Sockelgeschoss mit dem Haus im Süden verbunden ist, sind die geforderten Wohnungen angeordnet. Dieses befindet sich über dem Niveau der Werftstrasse und bietet als begrünter Hof eine private Gemeinschaftsfläche für die Bewohner. Die im südlichen Haus angeordneten Büros sorgen für die erforderliche akustische Abschirmung zum Gelände der Marine. Das Boarding House befindet sich östlich an der Wasserkante und wird mit einem vorgelagerten Beachclub ergänzt. Das Gebäude dient so auch als akustische Barriere und lässt einen ungestörten Betrieb des Beachclub auf der Freifläche bis in die Abendstunden erwarten.
Eine Belebung des Platzes mit attraktiven Nutzungen im Erdgeschoss ist essenzieller Bestandteil des Konzeptes und für das Gelingen des Projekts von großer Bedeutung.
Die fein ausformulierten Fassaden der westlichen Gebäude und des Sockelgeschosses bestehen in Analogie zu der bestehenden Hafenrandbebauung aus rotem Ziegel. Das Boarding House ist mit recyceltem Kupfer verkleidet und unterstreicht damit seine Sonderstellung als Endpunkt der Hafenpromenade und Magnet zugleich. Die leicht geneigten Fassaden verleihen dem Projekt auch in der Vertikalen eine Spannung, die durch tief liegende Fenster mit vorgelagerten Balkonen in den Ziegelbauten und den herausgeschobenen Fenstern im Boardinghouse sensibel betont wird.
Die vorgeschlagene Konstruktion aus Brettsperrholzdecken und aussteifenden Wänden aus Massivholz ist nachhaltig.
Die Idee, den zentralen Platz mit einer Wasserfläche, die im Winter zu einer Eisbahn werden kann, wird begrüßt, ebenso der gemeinschaftliche Dachgarten auf dem Sockelgeschoss, der privaten Charakter hat und Wohn- und Bürogebäude verbindet.
Die Arbeit ist ein wertvoller Beitrag und verlangt es auch in einem Zuge realisiert zu werden.
2. Platz: Lundgaard & Tranberg Arkitekter aus Kopenhagen
Die Arbeit formuliert ein dreiteiliges Ensemble mit unterschiedlichen Volumina, die den Ort an der Hafenkante prägnant charakterisieren. Das kleinste Gebäude nimmt den Fußabdruck des ehemaligen Werftgebäudes auf und schafft hier an der Promenade ein charmantes Objekt mit öffentlicher Nutzung als Bootshaus (Kanulager) und Cafébar mit offener, überdachter Terrasse (Beachclub) und weitem Blick über das Wasser.
Der Freiraum am Bootshaus ergänzt die bestehenden Freiräume an der Promenade durch einen andersartigen Typus, dem Schiffbauplatz, der an der Südseite des Bootshauses sogar über eine Rampe direkt ans Wasser hinunterführt. Die Setzung der Gebäude lässt eine zukünftige Weiterentwicklung der Uferpromenade Richtung Süden als Option offen und versperrt auch nicht eine mögliche städtebauliche Fortführung der Hafenrandbebauung.
Der Hochpunkt im Norden formuliert prägnant aber ohne formale Eitelkeiten ein großes Haus im Maßstab historischer Speichergebäude. Es erscheint dabei selbstbewusst und elegant in seinem, im Hinblick auf Nachhaltigkeit konzipierten, modernem Kleid und verzichtet auf historisierende Attribute.
Im Innern des „Haupthauses“ schafft die Entscheidung, ein Holzskelett als Tragwerk zu wählen, Freiheiten für flexible Grundrisskonzepte, indem sowohl Wohn- als auch gewerbliche Strukturen integriert und um den zentralen Kern herum organisiert werden können.
Die Jury hat Respekt vor der konsequenten Haltung der Verfasser und der städtebaulichen Kraft des Ensembles, das sich klar und unaufgeregt zum Wasser wendet und die Ufersilhouette in Stil und Maßstab neu interpretiert. Tradition, Gegenwart und die Idee einer nachhaltig gebauten Zukunft verbinden sich hier in einem eigenständigen Auftritt.
3. Platz: Konermann Siegmund Architekten BDA Stadtplaner aus Hamburg
Der Entwurf zeigt eine Klimahülle mit Sheddach. Die Leitidee der Baukörpererscheinung ist gegenüber der ersten Phase beibehalten worden, was das Preisgericht beeindruckt hat. Das Alleinstellungsmerkmal einer großen Klimahülle, Zitat einer Werfthalle, in seiner Fernwirkung für das Stadtbild des Neustädter Hafens wird positiv bewertet. Das Sockelgeschoss monolitisch auszubilden ist für die Gebäudetypologie richtig.
Die für die Entwurfsvertiefung wesentlichen Fragen zum Gebäudebetrieb und zur Technik, ist gewissenhaft und ausführlich dargelegt, was anerkannt wird. Das Boarding House ist als Nutzung gut denkbar. Insgesamt erscheint dieses Gebäudekonzept eher für eine Mononutzung geeignet. Dem mutigen Klimahüllenkonzept fehlt im Nahbereich aus der Fußgängerperspektive Maßstäblichkeit und Aufenthaltsqualität.
Auch wenn das Konzept mit seinem architektonischen Alleinstellungsmerkmal klimatechnisch interessant und machbar erscheint und auch die schalltechnischen Fragen im Innenraum beherrschbar scheinen, kann das Preisgericht mitsamt den Investoren insgesamt eine Realisierung nicht empfehlen.
4. Platz: kbnk ARCHITEKTEN GmbH aus Hamburg
Es entsteht eine große Baumasse aus drei zusammengefügten Baukörpern. Insgesamt sind die verschiedenen Wohnungstypen gut strukturiert und bilden ein gutes Angebot ab.
Die Außenanlagen am Ufer haben eine hohe Qualität und schließen die Promenade gut ab und werden sehr positiv bewertet. Ebenso wird die fußläufige Erschließung von der Werftstraße positiv gewürdigt.
Die durch die Verfassenden vorgeschlagene Arrondierung der südlichen Grundstücksgrenze kann nachvollzogen werdet. Die Arbeit hat gegenüber der 1. Stufe deutlich an Qualität gewonnen und erfüllt viele Anforderungen.